Frühlingstag in Freising

Am 30. April 2023, ein Ausflugstag zum Diözesanmuseum auf dem Freisinger Domberg zur Sonderausstellung „Verdammte Lust“ und einer anschließenden Stadtführung durch Freising

Verdammte Lust – mit diesem zweideutigen Titel lockt das frisch restaurierte Diözesanmuseum auf den Freisinger Domberg in eine Ausstellung, die Kardinal Marx bereits 2018 an die Kuratoren herangetragen hatte. Etwas zu „Kirche, Kunst und Sex“ sollte es werden im Zuge der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle, gedacht als zweiter Gedankenstrang zur Geschichte der Moral. Für diese Herausforderung hatten die Kuratoren wegen der Corona Pandemie erfreulicherweise mehr Zeit als zunächst gedacht und trugen für die Ausstellung 150 Werke aus ganz Europa von 70 Leihgebern zusammen.

 

Doch die gut 25 Balten, die sich an diesem endlich sonnigen letzten Apriltag den Berg hinaufgewagt hatten, erhielten zunächst einen ganz unverfänglichen Blick auf die Topographie der Gegend. Im ältesten Bild von Freising (1483) sehen wir den sterbenden Heiligen Korbinian vor den beiden Hügeln und der Altstadt von Freising: dem Domberg und dem Berg Weihenstephan, der dem Heiligen Stephan geweiht ist und wo unser Ausflug schließlich zu Ende gehen sollte.

 

Zurück in die Ausstellung: Wir spüren beim Anblick manch drastischer Darstellungen von Cranach, dass wir Europäer sehr beeinflusst sind von der Moralvorstellung, die Augustinus (354-430) geprägt hat, nämlich dass seit dem Sündenfall von Adam und Eva im Paradies in der katholischen Kirche Lust und Tod sehr nah zusammengerückt sind. Ganz im Gegensatz zur Antike, wo die Darstellung von Fruchtbarkeitssymbolen völlig normal war.

 

Aber warum finden wir dann in der christlichen Kunst so viele Bilder biblischer Darstellungen mit großer Freizügigkeit, Ekstase und Zweideutigkeit? Nun, hinter dem Deckmantel einer biblischen Geschichte (Adam und Eva) oder einer neutestamentarischen Gestalt (die Kurtisane Maria Magdalena oder Susanna im Bade) konnte der begabte Künstler Szenen und Körper auf so realistische Weise darstellen, die sonst der Zensur unterlegen hätten. Auch Bildhauer können Jesus am Kreuz beschürzt oder völlig schutzlos wie eine antike Statur kreieren.

 

Doch das zufällig als Ersatz in die Ausstellung gelangte, älteste und darum besondere, wenngleich sehr harmlose Bild dieser Ausstellung ist ein Porträt von Sappho aus Pompeji, die auch als Mona Lisa der Antike bezeichnet wird. „Deine Liebe streifte mich wie ein Windhauch den Berg“ schrieb diese Lyrikerin in Gedichten, die sie an Frauen richtete – auf der Insel Lesbos.

 

Nach einem Mittagessen spazierten wir gestärkt zum Dom, der im Interieur von den Gebrüdern Asam ausladend barock dekoriert ist, und anschließend durch die renovierte Altstadt hinüber auf Berg Weihenstephan. Wir erfuhren, dass es hier die älteste Brauerei der Welt gibt, und der Berg wegen des Bierkellers eigentlich einem Schweizer Käse gleicht. ZweiUniversitäten lehren hier oben die grünen Wissenschaften, aber auch Braukunst, die wir vor dem Abschied nehmen unter alten Bäumen noch testeten. Ein herzliches Dankeschön für diesen gelungenen Ausflug der Balten nach Freising geht an Marie von Korff, die alles so wunderbar organisiert hat!