Besuch der Synagoge in Augsburg

(c) Jüdisches Museum Augsburg Schwaben/Wolfgang B. Kleiner
(c) Jüdisches Museum Augsburg Schwaben/Wolfgang B. Kleiner

Als im Sommer eine Vorankündigung von Peter Baron Korff für eine Führung durch die Synagoge in Augsburg am 18. November kam, meldeten sich gleich so viele Interessierte aus der Bezirksgruppe Bayern an, dass sich die offizielle Einladung später erübrigte. Aus Sicherheitsgründen sind nur Gruppen mit 20 Besuchern zugelassen, klärte Organisator Philipp v. Mirbach, Augsburg, die Besucher bei der Begrüßung vor dem Sphinxbrunnen im Innenhof der Synagoge auf. Ein Hinweis, der die Besucher auf diesen besonderen Ort einstimmte. (Es waren dann doch ein paar mehr, unter ihnen mehrere Jugendliche.)

 

Mit Agnes Maria Schilling hatte v. Mirbach eine kundige Führerin für diesen Nachmittag engagiert. Groß geworden mit deutscher und jüdischer Verwandtschaft war ihr das schwierige Verhältnis zwischen Juden und Deutschen von Kindheit an bewusst gewesen. Seit der Wiedereröffnung 1985 führt sie Besucher durch die Synagoge, die zu den prägenden Bauten Augsburgs gehört. Unter freiem Himmel im Innenhof ging sie zunächst auf die wechselvolle Geschichte und die baulichen Besonderheiten des Gebäudes ein.

 

Der Bau der großen Synagoge in der Nähe des Hauptbahnhofes nach Entwürfen der Architekten Fritz Landauer und Dr. Heinrich Lömpel fiel in die Zeit des 1. Weltkriegs. Die alte Synagoge war zu klein geworden. Der Stadtrat befürwortete den Bau, der auch Ausdruck sein sollte für die Bedeutung der über 1200 Mitglieder zählenden jüdischen Gemeinde für Augsburg. Trotz der kriegsbedingt erschwerten Baubedingungen wurde die Synagoge planmäßig 1917 ihrer Bestimmung übergeben.

 

Das Gemeindeleben währte aber nur bis kurz vor dem 2. Weltkrieg. In der Pogromnacht im November 1938 wurde die Synagoge ausgeraubt, verwüstet und in Brand gesteckt. Anders als bei vielen anderen Synagogen wurde der Brand von der Feuerwehr zwar gelöscht, damit das Feuer nicht auf eine nahegelegene Tankstelle übergreifen konnte, die Schäden waren trotzdem beträchtlich. Ab 1963 kam das Leben der jüdischen Gemeinde mit wenigen Mitgliedern langsam wieder in Gang, aber es dauerte dann über 20 Jahre, bis die Synagoge in ihrer alten Pracht restauriert war.

 

Der denkmalgeschützte Bau vereint neobyzantinische und orientalisch anmutende Stilelemente mit denen des Jugendstils. Mitten in Schwaben fühlt man sich unter der grün und gold schimmernden Kuppel ein bisschen Richtung Orient versetzt, wenn man das Innere der Synagoge betritt. Frau Schilling führte uns auf die Frauenempore. Der Heilige Schrein mit der Tora liegt direkt gegenüber. Darüber ein großer siebenarmiger Leuchter, die Menora. Von der Empore aus hat man einen guten Blick in den Kreuzbau mit seinen Tonnengewölben und in die 29 Meter hohe Kuppel im Zentrum. Frau Schilling erklärte uns die zahlreichen Ornamente und Symbole innerhalb des eindrucksvollen Gebetsraumes. Auch die rituellen Handlungen während des Gottesdienstes, die jüdischen Feiertage und Feste und ihre Bedeutung brachte sie uns nahe.

 

Seit der Wende um 1990 wächst die jüdische Gemeinde in Augsburg wieder und zählt heute etwa 1500 Mitglieder. Viele von ihnen sind russischstämmig und haben hier einen neuen Lebensmittelpunkt gefunden. Die Synagoge ist Teil des Jüdischen Museums Augsburg Schwaben, in dem sich die Besucher einen Eindruck über die sich wandelnden jüdischen Lebenswelten verschaffen können. Dafür war bei unserem Besuch leider keine Zeit mehr, aber es ist ein guter Grund, um wiederzukommen. Das Museum und die Synagoge sind täglich außer Samstag geöffnet.

 

Der Nachmittag endete mit einer gemütlichen Tee- und Kaffeerunde im Haus von Friederike und Philipp v. Mirbach. Eine schöne Gelegenheit, alte und neue Kontakte zu knüpfen und Pläne für Aktivitäten der Bezirksgruppe zu schmieden.

 

Renate v. Samson-Himmelstjerna