Wie herrlich ist des Wanderers Glück

Zäh und ausdauernd mussten sie schon gewesen sein, die Römer, die als Soldaten und Siedler das heutige Ostallgäu erschlossen, darunter auch unser Wanderziel AUERBERG oberhalb der Ortschaft Stötten.

 

Baron Rolf und Baronin Cordula v. der Ropp hatten die Mitglieder der Baltischen Ritterschaften in Bayern eingeladen, mit ihnen am Himmelfahrtstag die Wanderung auf den 1055 m über NN gipfelnden Auerberg zu unternehmen und den von Siedlern der Zeit um Christi Geburt hinterlassenen Spuren zu folgen. Ob man nun dem offiziell als Römerweg bezeichneten Pfad folgt oder einen der zahlreichen weiteren Wanderwege aufwärts nimmt, stets bleibt der Eindruck von Abgeschiedenheit und spürbarer Anstrengung. Wer mit Verspätung ankommend die asphaltierte Auerbergstraße (falsch!) aufwärts geht, an dem zischen Autos und Motorräder vorüber; einige erkannten wir wieder, säuberlich aufgereiht vor der Wirtschaft knapp unterhalb der Kirche St. Georg auf dem Auerberg. Die Kirche ist Baustelle, Gerüste ringsum halten die Wetterschutzplanen fest, aber wer mit Motorkraft nach oben kommt, hat ohnehin nur die Wirtschaft zum Ziel. Nicht so wir, denn Baron Ropp hatte uns zu einem Bergpicknick eingeladen und dazu den schönsten Aussichtspunkt gewählt.

 

Dort oben saßen die meisten der 13 baltischen Wanderer auf zwei Bänken während Baronin Cordula und ihre beiden Kinder Flora und Felix Wasserbecher, Süßigkeiten und äußerst erfrischende Gurkenabschnitte herumreichten. Vor unseren Augen breitete sich die Hügellandschaft des Allgäu unter einem bleiernen Himmel, schwarz die Berge im Süden, nur noch wenig Schnee auf den Spitzen. Vor rund 2000 Jahren hätte mancher Römer mißvergnügt hinausgeblickt in die Ferne und wahrscheinlich von wärmeren Weltgegenden unter lateinischer Herrschaft geträumt.

 

Nicht so wir, denn uns hatten Rolf und Cordula zu Kaffee und Kuchen nach Hause eingeladen. Cordula war mit den Kindern schon zu ihrem unterhalb der Kirche geparkten Fahrzeug gelaufen, um rasch zu letzten Vorbereitungen nach Hause zu kommen. Die verbliebenen 10 Wanderer folgten dem „Römerweg“ nach unten, angeführt von den erstaunlich schnell gehenden Rolf Ropp und Heinrich Stackelberg.

 

Die Roppsche Adresse Hornau zu erreichen, erwies sich als knifflig, denn die Navigationshilfen waren rat- und hilflos. Aber wir fanden mit Hilfe unserer Mobiltelefone den Weg zu einem gepflegten Haus, an dessen Türe ein strahlender Hausherr die letzten Gäste erwartete, um sie durch das Wohnzimmer auf die sonnige Terrasse zu führen. Auf einem Holztisch stand ein umfangreiches Glasgefäß, dessen Hahn von Cordula bedient wurde, während sie fragte: „Wer möchte noch etwas Waldmeisterbowle? Es ist nur eine Spur Alkohol drin!“ Nach dieser Spur wurde ausdauernd gesucht bis Peter Korff die schreckliche Entdeckung von der Giftigkeit des Waldmeisters preisgab. Danach beschränkten sich die meisten Gäste auf den Verzehr der von Flora mit Paprikamus, Tomaten und Käse zubereiteten Pizza sowie die Kuchen, die an einem großen Kaffeetisch im Wohnzimmer gereicht wurden.

Doch keine Sorge, Gespräche kamen dabei nicht zu kurz; das Nachgießen des Kaffees erwies sich nur als angenehme Unterbrechung und fast schien es, als drohe unseren aufmerksamen Gastgebern ein nicht enden wollender Abend. Vielleicht war es die Erwartung des morgigen Freitags – nicht arbeitsfrei und nicht ohne Herausforderung. Peter Korff bedankte sich in gewohnter Liebenswürdigkeit für einen gelungenen Ausflug und einen heiteren Ausklang. Gemeinsam füllten wir unsere Gläser letztmals mit ‚Gift‘, tranken sokratisch-stoisch aus, schüttelten Hände und nahmen gute Erinnerungen mit auf die Heimfahrt.

 

In Kaufbeuren zurück bleibt unser Dank an großartige Gastgeber.

 

Wie herrlich ist des Wandrers Glück – den Berg hinauf, ins Tal zurück.

 

Michael Baron Grotthuss