Matrikel

Die Ritterschaften von Livland, Estland, Kurland und Oesel verdanken den jahrhundertelangen, bis ins 20. Jahrhundert hineinreichenden, politisch-ständischen Einfluß weitgehend der Erstellung der Matrikeln.

 

Die Eintragung in das sog. Ritterbuch begann in Kurland vor speziellen Gerichten, den Ritterbanken, im Jahr 1620 und wurde bis auf wenige Ausnahmen 1642 abgeschlossen, bei den übrigen Ritterschaften erfolgte der Abschluß zwischen 1741 und 1756. Seit dem 18. Jahrhundert werden die Ritterbücher als Matrikeln bezeichnet.

 

Für die Aufnahme in die Matrikeln war der Nachweis des Adels durch Notorität oder durch Diplome oder sonstige Urkunden erforderlich. In Livland und Oesel mußte der Aufzunehmende außerdem ein Rittergut besitzen; Ausnahmen waren selten. Bei Errichtung der Matrikeln wurden in diese in der Regel nur Gesamtgeschlechter eingetragen, danach wurden nur Einzelpersonen aufgenommen. Nachdem die Ritterschaften ihre öffentlich-rechtliche Funktion in den neuen Staaten Lettland (Latvija) und Estland (Eesti) verloren hatten, wurden nur noch wenige Personen in die Matrikeln eingetragen. Heute werden keine neuen Geschlechter mehr immatrikuliert, sondern nur Personen, die einem nichtimmatrikulierten Zweig eines immatrikulierten Geschlechts angehören. Insgesamt sind in die vier Matrikeln 753 Geschlechter eingetragen worden, von denen heute schätzungsweise nur noch 320 Geschlechter im Mannesstamm blühen.

 

Die Matrikellisten aller vier Ritterschaften sind in dem von E. v. Mühlendahl und H. Baron v. Hoyningen gen. Huene herausgegebenen Buch "Die Baltischen Ritterschaften", erschienen beim C: A. Starke Verlag, Limburg 1973, veröffentlicht worden.

 

Durch die Matrikeln war der einheimische Stamm- oder Indigenatsadel als geschlossene ständische Korporation deutlich vom allgemeinen russischen Reichs- und Dienstadel oder Nobilitierungen sonstiger Herkunft abgegrenzt. Die nicht immatrikulierten adligen Familien konnten sich jedoch ab 1863 in die von den vier Ritterschaften geführten "Gouvernementsadelsgeschlechsbücher für nichtimmatrikulierte Edelleute" eintragen lassen, die durch G. v. Krusenstjern im Sonderheft 2 der "Baltischen Hefte" 1958 veröffentlicht wurden.