Richard Löwenherz

König - Ritter - Gefangener

Rekordverdächtige 37 Anmeldungen gab es zum Ausstellungbesuch der Bezirksgruppe Baden-Württemberg am 18. März 2018 im Historischen Museum der Pfalz in Speyer. Die weit über die Landesgrenzen hinaus hochgelobte Ausstellung „Richard Löwenherz, König – Ritter – Gefangener“ lockte nicht nur Mitglieder der Bezirksgruppe einschließlich der Schweiz, sondern auch zahlreiche Gäste aus der Bezirksgruppe Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland und sogar aus Bayern. Die auch in den Ritterschaften nachlassende Anmeldedisziplin führte dann dazu, daß etwas weniger Teilnehmer kamen, als angemeldet waren, dafür aber auch noch ein paar unangemeldete Gäste auftauchten. Einige der Abmeldungen, die doch noch eingingen, waren dem in der Nacht zuvor wütenden Schneesturm geschuldet. Insgesamt waren es 28 Personen, die den Weg nach Speyer fanden.

 

Der Chronist dieser Veranstaltung hat sich sagen lassen, daß die Schau für den unbegleiteten Besucher etwas unstrukturiert wirkte. Wir hatten das Glück, durch einen Mediävisten durch das Museum geführt zu werden. Er verstand es meisterhaft, die Chronologie der Ereignisse um König Löwenherz in der Ausstellung darzustellen und dabei die Exponate in den historischen Kontext einzuordnen und gleichzeitig ihre geschichtliche und kunsthistorische Bedeutung herauszuarbeiten. Selten hat der Verfasser dieser Zeilen eine derart kompetente Führung erlebt.

 

Nach einem Aufstand gegen seinen Vater, Heinrich II., herrscht Richard I. Löwenherz über England und große Teile Frankreichs. Ein gutaussehender, hochgewachsener, sehr gebildeter – er beherrschte sechs Sprachen – und in den ritterlichen Disziplinen exzellent geschulter junger Mann, begibt er sich, kaum mit großem Prunk in London zum König gekrönt, auf den Dritten Kreuzzug. Die Ausstellung folgt den Spuren des Herrschers von England nach Frankreich und auf dem Kreuzzug ins Heilige Land. Schon auf dem Wege dorthin setzt Löwenherz Zeichen. Auf Sizilien befreit er seine dort gefangengesetzte Schwester Johanna und erwarb sich bei Kämpfen um die Stadt Messina die Anerkennung der Sizilianer für seinen Mut und den Beinamen „Löwenherz“. Sodann erobert er Zypern, welches er an Guido von Lusignan, den auf der Flucht vor Sultan Saladin befindlichen König von Jerusalem verkauft.

 

Im Heiligen Land beweist Richard in diversen Kämpfen mit den Truppen Saladins wiederholt seine Tapferkeit und seine Klugheit, unter anderem durch die Eroberung Akkons. Er empfindet große Achtung für seine Gegner und Bewunderung für Saladin, den er jedoch niemals persönlich trifft. Allerdings macht er sich durch sein undiplomatisches Auftreten auch Feinde, so etwa Leopold V. von Österreich oder Philipp II. von Frankreich, deren Machtansprüche er während des Kreuzzuges mehrfach deutlich zurückweist, was sich noch verhängnisvoll auswirken soll.

 

Beunruhigt durch Nachrichten aus England, wonach Richards Bruder Johann Ohneland sich die Herrschaft anzueignen im Begriffe sei, reist Richard aus dem Heiligen Land an. Unterwegs erfährt er, daß Philipp II. von Frankreich alle Häfen hat sperren lassen. Er versucht, sich unerkannt nach Bayern zu seinem Schwager Heinrich dem Löwen durchzuschlagen, wird aber erkannt, kann entkommen, fällt erneut auf, weil er mit größeren Mengen morgenländischen Geldes bezahlt und wird schließlich auf Geheiß Leopolds V. von Österreich bei Wien gefangen genommen. Leopold setzt den Stauferkaiser Heinrich VI. von seinem Fang in Kenntnis und übergibt ihm Richard in Speyer.

 

Heinrich hält Richard über ein Jahr lang auf der Reichsburg Trifels, in Hagenau, Speyer, Worms und Mainz fest und läßt ihn erst nach Zahlung eines Lösegeldes von nie dagewesenem Ausmaß – 23 Tonnen reinen Silbers – frei. Das Lösegeld wurde durch den Verkauf aller Güter der Krone in England aufgebracht. Bis zum heutigen Tag sind keine wertvollen Gegenstände, etwa silbernes Besteck, Lüster oder dergleichen, in England vorhanden. Die verheerende Wirkung dieser wirtschaftlichen Ausblutung des Landes zog Unruhen nach sich, die später im Robin-Hood-Mythos verarbeitet wurden. Die Hälfte dieses Lösegeldes erhält Leopold.

 

Löwenherz kehrt nach England zurück, versöhnt sich mit seinem Bruder Johann und verstirbt einige Jahre später bei der Belagerung der Burg Châlus in Aquitanien im Alter von 41 Jahren an einem Armbrustschuß.

 

Wem nach dieser Tour de Force durch die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts noch nicht der Kopf schwirrte, der tat es den beiden Kindern unserer Gruppe gleich. Diese hatten nämlich das Privileg, zu zweit eine exklusive Führung durch die im selben Museum laufende Ausstellung zu Robin Hood – thematisch gut passend – zu erhalten. Kindgerecht wurden die Welt des Mittelalters und der Robin-Hood-Mythos dargestellt, einschließlich einer Pirsch durch dunklen Tann auf scheue Waldtiere, Waffen und Rüstungen und als Krönung einem Turnierplatz, wo sich die Besucher im Bogenschießen messen konnten.

 

Im Anschluß traf man sich im dem Museum gegenüberliegenden Restaurant Domhof wieder, wo man mit hausgebrauten Bierspezialitäten und deftigen und süßen Speisen ein zwar nicht mittelalterliches, aber doch annähernd königliches Mahl einnehmen konnte.

 

René v. Samson-Himmelstjerna